Stillgeschichten Stillberatung Marina Schlatter
 
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Monolog einer Dauerstillenden

Anscheinend geht es dir, Baby (erstgeboren und gerade 2 Monate alt), seit ein paar Tagen fast nur noch gut, wenn du meine Brust im Mund hast. Dann kannst du entspannen, dösen, schlafen, dich erholen und ab und zu auch mal ein paar Schlückchen trinken.
Ich bin ans Sofa festgenagelt, habe das zur Verfügung was sich in einem 50cm Radius um mich herum befindet, wehe ich habe etwas vergessen dort hinzulegen. Ich bin ungeduldig, meine steifen Glieder und mein Rücken tun mir weh, ich fühle mich festgehalten, ausgelaugt, habe Sorgen, dass du nicht genug zu trinken bekommst. Es plagen mich Versagensängste deshalb, außerdem Langeweile, innere Unruhe, ich fühle mich schlecht, weil ich nichts erledigen kann und ich bin ratlos und frage mich, wann das wieder endet und warum das so ist.
Es ist aber auch gemütlich, schön, dich schlafend und ruhig bei mir zu haben, immer deinen kleinen warmen Körper an mir zu spüren, deinen Kopf zu streicheln, nichts tun zu müssen, einfach nachdenken, knabbern, lesen zu dürfen und dir das zu erfüllen und geben zu dürfen was du eben gerade brauchst.
Wenn nur nicht dieses schlechte Gewissen wäre, diese Vorstellung, wie ich sein möchte, was ich alles schaffen möchte, dieser Optimierungswille, diese Zweifel und die Unsicherheit.
Immer wieder frage ich mich, wie das die anderen machen, ob ich die einzige bin, die so auf dem Sofa benuckelt wird, über Stunden über Tage. Ob ich etwas falsch mache. Was gehen mich denn die anderen an? Ich bin ich mit meinen Brüsten und meiner Milch und du Baby bist du mit deinen Bedürfnissen, du scherst dich auch nicht um andere Babys. Ich sollte mir ein Beispiel an dir nehmen.
Und backen, aufräumen, kochen und putzen kann ich noch viel in meinem Leben. Aber die Bedürfnisse eines kleinen Babys erfüllen nur wenige Monate lang. Das ist eben jetzt meine Aufgabe und eingentlich finde ich, mache ich das ganz vorzüglich. Jetzt müssen nur noch die Stimmen in meinem Kopf überzeugt werden.

Das ist wohl jetzt meine Aufgabe, diese Stimmen überzeugen. Eine schwierige Übung, aber ich nehme sie als Herausforderung an. Hoffentlich übersehe ich dabei meine Grenzen nicht. Denn ein bisschen leben muss auch eine Nurnochstillende.


Leonie mit Hannes (2 Monate)